Visitation 2012
von Dekan Ottmar anlässlich der Gemeindevisitation 2012 - Aus dem Visitationsbescheid
Eindrücke beim Sommerfest
Das Sommerfest hat die ganze Breite der Gemeindearbeit und die Verankerung der Kirchengemeinde in der Bevölkerung
in beeindruckender Weise vor Augen geführt. Trotz des regnerischen Wetters herrschte eine fröhliche, freundliche
Atmosphäre, die schon zu Beginn des Gottesdienstes in der Kilianskirche zu spüren war. Pfarrerin Schautt überzeugt
mit hoher liturgischer Präsenz. Es wird spürbar, dass im Gottesdienst die Freundlichkeit Gottes gefeiert wird.
In Liturgie und Predigt pflegt sie eine erfreulich unpathetische, wertschätzende Sprache. Es gelingt ihr, die
Predigtaussagen mit dem Alltag der Predigthörerinnen und -hörer zu verknüpfen.
Der Beitrag des Popchors Voiceful konnte musikalisch überzeugen. Allerdings wäre darauf zu achten, dass das
Auftreten des Chors nicht zu sehr als eigenständiger Event zelebriert wird, sondern sich in das Ganze des
Gottesdienstes einfügt. Das weitere Programm des Sommerfests hat die Vielfalt der Gemeinde und die große
Bereitschaft der Gemeindeglieder zum ehrenamtlichen Engagement wider-gespiegelt. Erfreulich, dass auch die
Landfrauenvereine sich am Programm beteiligt haben. Das zeigt die gute Vernetzung der Kirchengemeinde mit den
örtlichen Vereinen. Darüber hinaus haben Viele zu einem reichhaltigen Angebot an Essen und Trinken beigetragen
- trotz der ländlichen Prägung der Gemeinde keine Selbstverständlichkeit.
Gelungen auch die Ausstellung im Chor der Kilianskirche zu den Gruppen und Kreisen der Gemeinde, von der
Kinderkirche bis zum Seniorentreff. Hervorzuheben u.a. das für alle Gemeindeglieder offene monatliche Angebot
zum Mittagessen, das jeweils von 50 - 60 Personen gerne in Anspruch genommen wird.
Am Ende des Sommerfests präsentierte sich der KGR mit einer Umdichtung des Liedes "Zeichen und Wunder" und machte
zugleich die Bereitschaft deutlich, Verantwortung für das Gemeindeleben zu übernehmen. Die Vorstellung des neuen,
didaktisch und optisch sehr gelungenen Kirchenführers, rundete das Sommerfest ab.
Eindrücke beim Gespräch über die sog. Außenwahrnehmung
Zur KGR-Sitzung am 09.10.2012 waren fünf Personen eingeladen, die nicht unmittelbar zur Kerngemeinde gehören, aber dennoch einen je eigenen Blick auf die Kirchengemeinde haben. Sie wurden gefragt, wie sie das Profil der Kirchengemeinde beschreiben würden, wo sie die Stärken der Kirchengemeinde sehen und welchen Entwicklungs- und Veränderungsbedarf sie wahrnehmen.
a) Das Profil der Kirchengemeinde wurde übereinstimmend als einladend, offen, kreativ und innovativ beschrieben. Hervorgehoben wurde auch der freundliche, herzliche Umgang. Das Profil wird wesentlich durch das vielfältige Gottesdienst-Angebot geprägt, zu dem Pfarrerin Schautt durch ihre "Predigten mit Tiefgang" und die persönliche Gestaltung der Kasualgottesdienste Entscheidendes beiträgt. Anhand der Talenteaktion aus dem Jahr 2004/2005 wurde aufgezeigt, dass die Kirchengemeinde eine zentrale Rolle im dörflichen Leben spielt und die gesamte Bevölkerung bereit ist, sich für "ihre" Kirche mobilisieren zu lassen.
Positiv vermerkt wird ferner, dass die Kirchengemeinde auch die Dimbacher Gemeindeglieder im Blick hat: "Wir Dimbacher fühlen uns nicht abgehängt."
b) Darüber hinaus wurden als Stärken genannt: das bunte Gemeindeleben, das tolle Kirchengebäude, ein weit gefasstes Gemeinschaftsempfinden - hier sind nicht nur die regelmäßigen Kirchgänger willkommen! -, das spürbare Bemühen um niederschwellige Angebote, die Weltoffenheit und das Engagement für Benachteiligte sowie für die Bewahrung der Schöpfung und, nicht zuletzt, die Bereitschaft zur Kooperation mit den Nachbargemeinden.
c) Entwicklungs- und Veränderungsbedarf wird zunächst bei der Jugendarbeit, insbesondere bei den Konfirmierten gesehen. Zugleich wird dies auch hinterfragt: gehört es nicht zum Jugendalter, sich von den bisher maßgeblichen Personen und Institutionen zu lösen und eigene Wege zu gehen? Wäre es, so gesehen, nicht eher die Aufgabe, den jungen Menschen zu signalisieren: wir sind für Euch da, wenn ihr uns braucht? Spannende Überlegungen! Weitere Anregungen: vertiefende Angebote, z.B. Glaubenskurs oder Hauskreis; gezielte Angebote für junge Familien und die Über-30-Jährigen; mehr Abend-Gottesdienste; andere Gottesdienst-Lieder (v.a. die Wochenlieder werden als schwierig empfunden).Zu spüren war: Die kirchliche Arbeit in Waldbach/Dimbach geschieht auf erfreulich hohem Niveau; vieles gelingt in fast spielerischer Manier - mit der Gefahr, dass es allzu leicht als selbstverständlich erachtet wird. Ein Geheimnis der positiven Arbeit ist sicherlich die Kultur der gegenseitigen Wertschätzung, die bewusst gepflegt wird. Dazu kommt ein gelingendes Zusammenspiel von Kirchengemeinde sowie Pfarrerin und Pfarrfamilie, das zu einem Prozess gegenseitiger positiver Rückkopplungen führt.
Eine mögliche Gefahr besteht darin, dass diese positiven Rückkopplungen zu einem - weder von den engagierten Ehrenamtlichen noch von der Pfarrerin gewollten! - pfarrerzentrierten Gemeinde-Erleben führt. Ferner: um einladende Gemeinde sein zu können, bedarf es eines stabilen Gemeinde-Kerns, d.h. einer Gemeinschaft von Gemeindegliedern, die aufnehmend und integrierend wirken kann. Dies ist derzeit erfreulicherweise gegeben. Selbstverständlich ist es jedoch nicht.
Wahrnehmungen aus den Visitationsgesprächen
Die Visitationsgespräche haben die oben geschilderten Eindrücke und Wahrnehmungen im Wesentlichen bestätigt.
Die ehren- und nebenamtlich Tätigen freuen sich über die herzliche, offene Atmosphäre in der Kirchengemeinde,
wissen sich in ihrem Engagement wertgeschätzt und fühlen sich gut begleitet, unterstützt und informiert.
So wurde z.B. berichtet, dass Pfarrerin Schautt alle 14 Tage im Kindergarten präsent ist und sich Zeit für die Anliegen
der Mitarbeiterinnen nimmt.
Auch in den anderen Gesprächen wurde die gute Arbeit, hohe Präsenz und seelsorgerische Achtsamkeit von Pfarrerin Schautt betont.
Positiv vermerkt habe ich ferner, dass ich immer wieder eine sehr bewusste Kirchlichkeit gespürt habe, verbunden mit einer
hohen Wertschätzung der Volkskirche und der damit verbundenen evangelischen Freiheit, den eigenen Glauben
selbstverantwortlich zu gestalten.
Zu guter Letzt ist zu berichten, dass auch die Prüfung der äußeren Ordnung im Pfarramt im Großen und Ganzen positiv
ausgefallen ist. Allerdings hat Frau Ochs noch ein gutes Stück Arbeit vor sich, bis die von der Vorgängerin hinterlassenen
Lose-Blatt-Sammlungen wichtiger Unterlagen sortiert und entsprechend abgelegt sind.
Aspekte aus dem Gemeindeleitungsbericht
Der spannend geschriebene, übersichtliche Gemeindeleitungsbericht ist eine Fundgrube hilfreicher Beobachtungen und weiterführender Fragen. Mein Vorschlag ist, dass er auf der Homepage der Kirchengemeinde veröffentlicht wird. Außerdem könnte er nach den Kirchenwahlen als Informations- und Gesprächsgrundlage für ein neu zusammengesetztes Gemeindeleitungsgremium dienen. Hierfür bietet sich v.a. die Reflexion der inhaltlichen Ausrichtung (S. 2; Visitationsbericht S. 4) an. Dieser Abschnitt stellt im Grunde genommen bereits ein ausformuliertes Gemeindeleitbild dar und könnte, geringfügig überarbeitet, auch separat veröffentlicht werden.
Dekan Georg Ottmar 13.11.2012