Waldbacher Weihnacht für Zuhause - 2020

Gottesdienst für zuhause am Christfest 2020 von Pfarrerin Petra Schautt



Im Namen Gottes des Vaters
und des Sohnes
und des Heiligen Geistes.
Amen.

Gott kommt uns Menschen ganz nah und wird selbst Mensch.
Mitten im Dunkel feiern wir das Licht,
das Jesus in die Welt gebracht hat.
Mitten in schlechten Nachrichten feiern wir die gute Botschaft von Gottes
Menschenfreundlichkeit.
Mitten im Seufzen der Kreatur feiern wir die Hoffnung,
dass Leid und Tod nicht das letzte Wort behalten.
Mitten in unseren Abhängigkeiten feiern wir die Freiheit,
zu der uns Christus befreit hat
durch seine bedingungslose Liebe.
Aller Welt Enden sollen sich heute freuen an der Herrlichkeit unseres Gottes!

Eingangsgebet und stilles Gebet Allmächtiger Gott,
Schöpfer des Himmels und der Erde,
unfassbar ist deine Erhabenheit,
aber du begegnest uns
mit menschlichem Antlitz.
Du thronst über allem,
aber machst dich für uns
angreifbar und verletzlich.
Du, unser Helfer,
suchst unseren Beistand,
du, unser Tröster,
brauchst unseren Trost,
weil du mit deiner Schöpfung leidest.
Gott, du Lebendiger,
rede uns falsche Bilder von dir aus,
lehr uns dich lieben
so wie du bist:
als menschlichen Gott,
mächtig und zart.
Höre, was wir in der Stille vor dich bringen:
Stilles Gebet Wenn ich dich anrufe, so erhörst du mich und gibst meiner Seele große Kraft.

Predigt über Jesaja 52,7-10

Wie lieblich sind auf den Bergen die Füße des Freudenboten, der da Frieden verkündigt, Gutes predigt, Heil verkündigt, der da sagt zu Zion: Dein Gott ist König! 8 Deine Wächter rufen mit lauter Stimme und jubeln miteinander; denn sie werden's mit ihren Augen sehen, wenn der HERR nach Zion zurückkehrt. 9 Seid fröhlich und jubelt miteinander, ihr Trümmer Jerusalems; denn der HERR hat sein Volk getröstet und Jerusalem erlöst.
Der HERR hat offenbart seinen heiligen Arm vor den Augen aller Völker, dass aller Welt Enden sehen das Heil unsres Gottes. Taps, Taps - früh morgens schon sind die kleinen Schritte zu hören. Taps - Taps. Leichtfüßig springt sie aus dem Bett, springt in die Schläppchen hinein. Taps, taps Richtung Bett der Mama. Dann stoppen die federleichten Schrittchen - nicht lange bleibt es still. Hüpf auf das rechte Bein - hüpf auf das linke. Hin und her, bis sie es nicht mehr aushält: Mama, Mama. Bin wach! Ein freudiges Guten-Morgen-Ritual beginnt. Noch tut die Mutter ganz verschlafen, längst schon hat sie es gehört: Taps, Taps. Hops und hüpfend, voller Aufregung ist das Kind in diesen weihnachtlichen Tagen. Wann spielen wir das neue Spiel, das das Christkind gebracht hat?

Wie lieblich sind die Füße der kleinen Freudenboten. Wie kostbar, sie zu erleben - wie frei sie laufen, hüpfen, rennen. Am liebsten barfüßig, strümpfig, mit Gummistiefeln: Platsch mitten in die Pfütze hinein. Kinderfüße - noch ohne Schwielen und Druckstellen. Kinderschritte, die Lebensfreude und Lebenslust kundtun. Die Räder quietschen. Der Gang ist schlurfend. Kleine, trippelnde Schritte eines alt gewordenen Menschen, der sich an seinem Rollator festhält. Weihnachten zu Hause. Wenigstens die Tochter und der Schwiegersohn kommen. Sie bringen alles mit. Bedächtig hat er das kleine Bäumchen - von der Nachbarin gebracht - geschmückt. Er freut sich auf den Moment, wenn er nach dem Fernsehgottesdienst, die Kerzen entzündet. Sein Weihnachten!

Wie lieblich sind die Füße der alten Freudenboten Wie sehr er es mag. Die Ruhe, die Erinnerung an all die Vielen, die wichtige Weggefährten und Freundinnen waren, der Gedanke an frühere Weihnachten.
Bescheiden ging es zu. Den Krieg hat er noch erlebt. Das Gleichmaß der stampfenden Soldatenstiefel im Ohr, die rollenden Panzer, die Sirenen. Unheil, Krieg und dann die Trümmer.

Wie lieblich sind die Füße der Freudenboten, die da Frieden verkündigen, Gutes predigen, Heil verkündigen: Dein Gott ist König!
Von oben rennt er herab. Die Schuhsohlen sind dünn, dennoch spürt er die Wurzeln und Steine nicht. Am Ende des Tages wird er seine geschundenen und staubigen Füße kneten und pflegen. Doch noch läuft und läuft er so schnell er kann. Schon an der Art, wie er unterwegs ist, sehen die Späher, dass er gute Nachrichten bringt. Außer Puste angekommen keucht er die drei Worte: Frieden, Gutes, Hilfe. Und schließlich nennt er den Grund: König geworden ist dein Gott. Die ersehnte Nachricht ist angekommen.

Frieden, Gutes, Hilfe - nach jahrelanger Verschleppung, nach improvisiertem Leben inmitten von Trümmern und Zelten, nach schmerzlichem Vermissen eines Zuhauses, in dem man sicher leben und glauben kann - nun erste Anzeichen einer Entspannungspolitik: Der neue König, er heißt Kyros, wird Toleranz zeigen. Die Weggebrachten dürfen wieder nach Hause. Aufbaujahre werden kommen.

Doch so weit sind sie noch nicht. Im Moment will die Nachricht mit Herz und Hand erfasst, mit Fuß und Mund geglaubt und allmählich ins Leben eingenistet werden. Von Mund zu Mund, vom Boten über die Späher bis zu den Trümmern ein einziges lautes Loben, Jubeln, Tanzen. Gott ist König. Hat er nicht getröstet und befreit? War er nicht immer auf unserer Seite - auf der Seite der Geknechteten, aber auch Friedfertigen? Heute ist das ihr Triumph, inmitten von Bruchstellen und Rissen, sichtbar an den Gebäuden und der Trümmerlandschaft, verborgen in der Seele. An diesem Tag ist keiner müde. Ein großes Fest, bei dem es alle auf die Plätze hinaustreibt.
Frieden, Hilfe, Gutes. Denn der HERR hat sein Volk getröstet und Jerusalem erlöst. Aller Welt Enden sehen das Heil unsres Gottes.

Hinaus auf die großen Plätze der Welt: in Belarus, in Hongkong, in Chile - Schauplätze, die das Unrecht des Landes veröffentlichen. Schauplätze, die von gesammelter Hoffnung auf Gerechtigkeit und von der Sehnsucht nach Gutem und Hilfe zeugen. Noch vielerorts werden die lieblichen Füße der Freudenboten ersehnt. Braucht es Freiheit und Frieden. Braucht es das täglich Brot für die Welt, braucht es sauberes Wasser, braucht es ein gutes Gesundheitswesen und Bildung, braucht es ein Erbarmen mit den Geflüchteten. Frieden, Hilfe, Gutes. Denn der HERR hat sein Volk getröstet und Jerusalem erlöst. Aller Welt Enden sehen das Heil unsres Gottes.

Kirchengemeinderät*innen in ganz Deutschland haben in den letzten Wochen beraten und diskutiert, alternative Konzepte für Gottesdienste entwickelt, schlecht geschlafen und abgewogen. Diese Verantwortung: Was ist in diesen Tagen des Lockdowns die Aufgabe der Kirchengemeinden?

Wie verkündigen wir in Gottes Namen Frieden, Hilfe, Gutes? Eine Botschaft, die viele verzweifelte und in der Seele wunde Menschen heute dringender brauchen denn je... Wie können wir in dieser Pandemie Freude und Frieden ansagen, Gutes und Rettung verkünden?

Indem wir dem überlasteten Pflegepersonal zuliebe auf Präsenzgottesdienste verzichten? Indem wir solidarisch sind mit den gefährdeten Personen, die keine Kontakte haben dürfen. So hat es der Kirchengemeinderat von Waldbach-Dimbach in einer emotionalen Sondersitzung am Dienstag Abend schweren Herzens beschlossen. Und der Kirchengemeinderat hofft, dass die Trostbotschaft auf anderen Wegen zu den Menschen kommt, über unsere Homepage, durch Fernsehgottesdienste oder ausgedruckte Predigten. Wir hoffen, dass -auf welche Weise auch immer- in aller Sorge und in allen Ängsten die leise Stimme laut gehört werden kann:

Gott hat sein Volk getröstet. Gott lässt euch nicht allein. Deshalb geht, vielleicht tapsend oder wacklig und sicher auch noch etwas ängstlich zaghafte Hoffnungsschritte. Gott hat Jerusalem erlöst, als es am Ende aller Kraft war. Deshalb sagt weiter, dass ihr neben aller weltlichen Inzidenzzahlen vertraut, auf Gott vertraut, der retten möchte. Die Bibel ist voll von Geschichten, in denen Gott Mut gemacht, Verängstigte gestärkt, Schwachen beigestanden und Angefochtene gerettet hat. Was kündet unser Schritt? In Stiefeln und dicken Strümpfen oder festlichen Pumps, ob tapsend oder hinter quietschenden Rollatorrädern: Sind wir ersehnte Freudenboten, unterwegs den Menschen Gutes zu sagen, Worte, die Frieden schenken, die sich einnisten in die Herzen und Häuser?

Sind wir als Gemeinde wachsame Späherinnen: Darauf aus, nach Frieden und Heil zu trachten, das Gute zu erhoffen selbst dann, wenn die Zahlen noch nicht rückläufig sind, bereit zu loben, auch wenn uns die Anstrengung des Jahres in den Knochen liegt? Jesaja und seine Leute teilen die Erfahrung eines verletzten Daseins mit uns. Sie haben eine Botschaft, die auch im improvisierten Leben Frieden, Gutes, Hilfe kommt, wird konkret. Man hört es an den Schritten.

Wie so oft ist die Bibel so verstörend, so hilfreich anders: Seid fröhlich und rühmt miteinander, ihr Trümmer Jerusalems. Die Trümmer sollen jubeln. Das heißt doch: Der Jubel deckt den Schmerz nicht zu, sondern lässt ihn zu.

Fröhlich sein, loben, rühmen, im Dreiklang: Das Lob, der Jubel fällt in diesen weihnachtlichen Tagen eher leiser aus. Aber dennoch. Das Lob entwickelt eine Kraft, weil es die Blickrichtung ändert und neue Perspektiven erschließt. Da wird ein Neuanfang möglich, da gibt es Grund zum Jubel.

Es ist kein Schönwetterlob, kein Lobpreis auf Gesundheit und Wohlstand, keine süßliche heile Familienmelodie - Es ist dieses Jahr ein Lob, das das Leben in all seinen leuchtenden und tristen Facetten, die hellen und die dunklen Töne umfasst. Ein Lob, das leichte Hoffnungsschritte schenkt, das aufbaut und uns weltweit miteinander verbindet. Denn der Herr hat sein Volk getröstet und Jerusalem erlöst. Eine politische Wende bringt den Menschen in Israel hoffnungsreiche Aussichten, lässt sie glauben, dass Gott tröstend und erlösend ist. Gott und die Politik - er verhält sich zu ihr. Er führt aus ägyptischer Knechtschaft. Er leistet römischer Besatzungsmacht passiven Widerstand. Ist König - geboren in einer Krippe, gestorben an einem Kreuz und den Todesmächten dieser Welt trotzend auferstanden!

Denn der Herr hat sein Volk getröstet und Jerusalem erlöst. Was verkündigt Jesaja uns? Eure Erlösung ist schon auf dem Weg, weil Gott längst eingegriffen hat. Gott wirkt so, dass Menschen Lösungen finden. Woher haben Menschen denn ihre Ideen für Impfstoffe? Woher haben wir unseren Verstand und unser Mitgefühl, die uns verantwortlich handeln lassen? Es ist Gottes Geist, der in uns atmet! Wenn ihr den Eindruck habt, es gäbe nur noch Dummheit, Unrecht und Egoismus, dann schärft euren Blick. Macht die Augen auf für jedes Aufblitzen von Gottes Geist in der Welt! Es ist da und wird größer werden, denn Gott lässt wachsen! Wie ein Kind groß wird, werden Verstand und Einsicht zunehmen in das, was Gott will.
Schaut auf die nächste Genration! Hört ihnen zu, denn sie sehen, was nötig ist. Sie erkennen, was Gott und seiner Schöpfung dient! Sie lassen sich nicht beruhigen, wenn die Wälder verbrennen und das Meer droht, die Küsten zu überfluten. Sie erkennen, was gerecht ist und was nicht, weil sie sich nicht vormachen lassen, eine Hauptfarbe oder ein Geschlecht seien besser als andere.

Eure Erlösung hat begonnen. Gebt acht, dass ihr sie nicht hemmt! Eure Erlösung liegt vor euch. Sie ist in Windeln gewickelt, in Gerechtigkeit und Treue. Liebe Gemeinde!

Wir feiern Weihnachten. Tapsend, hüpfend, erwartungsvoll. Mit schlurfendem, langsamen Schritt, besinnlich. Ängstlich, vorsichtig, zaghaft. Wir hören die Botschaft der Engel: Fürchtet euch nicht! Und die Füße fangen an zu laufen, weil sie sehen wollen: Maria und Josef, dazu das Kind in der Krippe liegen. Gott ist gekommen. Er hat sein zugewandtes Gesicht offenbart, dass aller Welt Enden das Heil sehen soll.

Wie lieblich sind die Füße der Freudenboten. Die Erlösung kommt zu uns. Man hört schon ihre Schritte.
Amen.

Fürbittengebet:
Da bist du, Gott,
gerade auf die Welt gekommen.
Die heilige Nacht ist vorbei
Doch du bist da
in der Krippe, in Windeln gar.
Ich kann es kaum glauben,
muss dich anschauen bei Tageslicht,
muss dich ansehen wie die Hirten.

Ich sehe in dir alle, die geboren werden,
blutig und bloß, Babys -
angewiesen auf zärtliche Hände.
Ich sehe in dir alle, die gewickelt werden -
lachend die Kinder, belächelt die Alten,
ausgeliefert.

Alle sehe ich, die hart liegen müssen
ohne Haus, ohne Heimat,
ausgestoßen, die Obdachlosen in Heilbronn,
die Geflüchteten auf Moria.
Alle sehe ich, die sich klein fühlen
ohne Arbeit, ohne Ansehen,
unerwünscht.

Alle sehe ich, die sich schwach fühlen
ohne Erfolg, ohne Einfluss,
unerfüllt.

All die, die für das Klima kämpfen
und von den Regierungen der Welt so enttäuscht sind.

Alle sehe ich,
die bis zum Rand der Erschöpfung in den Kliniken arbeiten,
die, die noch einsamer sind
die, die sich ängstlich zurückziehen.

Doch da ist noch mehr:
Wer klein ist, wird groß
wer schwach ist, wird stark.
Wer draußen ist, wird herein geholt.

Auch das sehe ich in dir, Christus,
in deiner Liebe,
kleiner, großer Gott.
Frieden. Hilfe. Gutes.

Also wachse,
wachse in mir und in uns.
Darum bitten wir und beten

Vater unser im Himmel,
geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

Segensbitte
Der Herr segne uns und behüte uns,
der Herr lasse sein Angesicht leuchten über uns
und sei uns gnädig.
Der Herr erhebe sein Angesicht auf uns
und schenke uns Frieden.
Amen.