Unterheimbacher Weihnachtspredigt für Zuhause - 2020

Heiligabend 2020
Predigt zur Weihnachtsgeschichte nach Lukas 2

Liebe Gemeinde,
was ist an Weihnachten so einzigartig? Welche Botschaft macht die Weihnachtsgeschichte zu einer faszinierenden?

Es lässt sich alles in einem Satz zusammenfassen:

Gott wird Mensch!

Das ist das Einzigartige an Weihnachten, das ist das Faszinierende an der Weihnachtsgeschichte. Es geht eben nicht um die Geburt eines großen Menschen, nicht um die Geschichte darüber, zu welchen Taten einzelne Menschen fähig sein können und wie sie ihre Spuren im Buch der Geschichte hinterlassen werden.
Es geht nicht um den Gipfel des Menschenmöglichen,
es geht um die andere Seite: dass Gott nicht oben bleibt, sondern runter kommt.

Weihnachten hat also vor allem mit Gott zu tun. Auch wenn Maria und Josef zunächst eine Hauptrolle in der Geschichte haben. Und weil da bestimmte Menschen eine Hauptrolle haben, die zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort gelebt haben, gibt es auch Dinge zu berichten, die in dieser Zeit geschehen sind: die Volkszählung durch den Kaiser Augustus zum Beispiel! Der Kaiser verlangte nach mehr Steuereinnahmen. Wir könnten auch sagen: nach mehr Steuergerechtigkeit, indem nämlich nicht nur einige, sondern alle gleichermaßen zur Kasse gebeten werden sollten. Deshalb die Zählung der zahlungspflichtigen Bürger. Wie schön, dass sich manche Dinge im Verlauf der Geschichte nicht zu ändern scheinen...

Andacht Weihnachten Schwabbach 2020

Andacht Weihnachten Schwabbach/Unterheimbach 2020
Diese Zählung brachte es jedenfalls mit sich, dass die Menschen in den Meldeämtern vorstellig werden mussten, um dort ihre Daten zu hinterlassen. Zuständig war dabei immer das Meldeamt, in dessen Einzugsbereich ein Mensch geboren wurde. Dieser Umstand machte Josef Beine. Und da er seine hochschwangere Frau nicht allein zurücklassen konnte, reiste sie mit. Sehr beschwerlich, aber unvermeidlich. Der Kaiser will's so - und Gott auch.
Denn hatte Gott nicht schon immer beschlossen, dass der Ort, an dem er als Mensch zu uns Menschen kommen will, "Bethlehem" sein soll? Deshalb musste vor allem Maria nach Bethlehem reisen. Und deshalb musste zunächst einmal Josef einen triftigen Grund haben, nach Bethlehem zu wandern. Sie können das sehen, wie Sie möchten: Entweder hat der Kaiser die Wanderung nach Bethlehem durch seine Volkszählung erzwungen, oder Gott hat den Kaiser dazu bewegt, eine Volkszählung durchzuführen, die dann wiederrum Josef dazu zwingen sollte, nach Bethlehem zu reisen. - Frei nach dem Bibelwort: "Des Menschen Herz erdenkt sich seinen Weg, aber der Herr allein lenkt seinen Schritt."

So setzt Gott also nicht nur alles im Himmel, sondern auch einiges auf der Erde in Bewegung, dass seine Begegnung mit uns an dem Ort und zu der Zeit, die er bestimmt hat, stattfinden wird. Dies mutet allerdings Maria und Josef zu, ihre Komfortzone zu verlassen und unter vielerlei Entbehrungen dorthin zu wandern, wo Gott sie haben will. Dieser Anfang ist gleich auch ein Modell für so viele Geschichten, die Gott mit uns Menschen - vielleicht auch mit Ihnen? - schreibt. Denn mit ihm auf dem Weg sein, heißt eben noch lange nicht, dass es auch angenehm leicht werden wird. Wären Sie denn bereit, um Gottes Willen Ihre Komfortzone zu verlassen - und dies nicht nur wenige Male im Jahr, sondern als Grundsatzentscheidung: "Ich aber und mein Haus wollen dem Herrn dienen!"? Ich könnte mir vorstellen, dass damals Maria und Josef und heute wir alle dies nicht überblicken, dass der Weg, auf dem wir uns gerade befinden, der uns vielleicht allerlei abverlangt, Kraft kostet und oft nur nervt, dass ausgerechnet dieser Weg der Weg ist, den Gott für uns bestimmt hat, damit etwas Bestimmtes geschieht.
Zum Glück wissen wir das alle nicht und zum Glück wussten dies auch die beiden Hauptpersonen in der Weihnachtsgeschichte nicht - sonst hätten sie womöglich angefangen, mit Gott darüber zu diskutieren, ob dies wirklich der geeignete, der richtige, der beste Weg sei, oder ob die eigenen Vorstellungen nicht doch die viel klügeren wären?

Maria und Josef gehen also, wohl ohne zu begreifen, dass sie bereits auf dem Weg sind, den Gott für sie bestimmt hat. Sie gehen los und mühen sich ab und regen sich auf und ... kommen an! Tatsächlich. Endlich. Geschafft. Oder doch nicht? Denn es bleibt für die Müden ungemütlich, denn das Gasthaus ist gerammelt voll: kein Raum mehr frei in der Herberge!

Ich unterbreche hier die Geschichte kurz... Ist das nicht ganz sonderbar in diesem Jahr? Da haben wir eine schöne Kirche und können sie doch nicht nutzen. Nein. Wir wollen sie nicht nutzen. Um der Menschen willen. Um Ihretwillen! Denn wir haben in diesem Corona-Jahr aufgrund der geforderten Abstände zu wenig Platz in dieser Herberge. Da wir aber gottesdienstwillige Leute ungern an der Türe abweisen wollen, mussten wir auf Herbergs-Suche gehen. Wie schön, dass uns manche Leute Ihre Grundstücke zur Verfügung gestellt haben und wie schön, dass wir heute an diesem Ort zu Gast sein dürfen.

Es ist wohl eine bleibende Erfahrung derjenigen, die mit Gott unterwegs sind, dass uns feste Bleiben und unveränderliche Abläufe nicht verheißen sind, sondern, dass wir darauf angewiesen sind, dass Gott mitgeht und uns dann zur rechten Zeit Türen und Tore öffnet. Und, weil Gott mitgeht, liebe Gemeinde, deshalb ist er auch heute hier mit dabei. Denn überall dort, wo Menschen sich in seinem Namen versammeln, da ist er mitten unter ihnen: sei es in einer Kirche, auf einer grünen Wiese, in einer großen Halle, oder beim Mitfeiern zuhause...

Corona nötigt uns also aufzubrechen, unsere Komfortzonen zu verlassen und lässt uns plötzlich ganz neue Erfahrungen mit Gott machen.

Zurück zu Marin und Josef. Glück im Unglück - würden manche sagen - denn im Stall ist noch was frei. Gerade daran sehen Sie aber: Gott hat das Herunterkommen ziemlich wörtlich genommen. Er kommt eben nicht in den warmen Stuben der Menschen zur Welt, sondern in einem zugigen Stall. Und so beginnt die größte Geschichte aller Zeiten mit der größten Befremdung: Gott kommt dort zur Welt, wo ihn kein Mensch vermuten und suchen würde!

Und wieder steht genau dieses Ereignis Modell für das, was kommen soll. Denn solange Gott als Mensch unter uns Menschen weilt, so lange solidarisiert er sich auch mit den heruntergekommenen Menschen, mit denen, bei denen nicht alles schön und gut ist, bei denen hier und da der Wurm drin ist, bei denen also nicht alles Heil und Segen ist und die keine rosigen Aussichten für Ihre Zukunft haben.

Zu solchen Leuten will er kommen. Und da passt der Stall als Geburtsort ja gut dazu: "Seht her, ich bin einer von euch!"
Wie gesagt: Es wird hier die größte Geschichte der Menschheit erzählt, und zwar so, dass sie uns Menschen und ausdrücklich auch unser Menschsein von Anfang an sehr ernst nimmt. Ich greife nur ein kleines Detail heraus. Diese kleine Sache ist nicht zufällig in diese große Geschichte gelangt, sondern wurde in voller Absicht überliefert: "Maria brachte ihr erstes Kind, einen Sohn, zur Welt und wickelte ihn in Windeln."

Gott wird Mensch! Das heißt eben nicht, dass er nur so aussieht wie wir, nur so sprechen kann wie wir, oder sich nur so bewegt wie wir. Gott wird Mensch, das heißt tatsächlich, dass er wirklich Mensch wird. Und dafür stehen in der Weihnachtsgeschichte die Windeln, in die Maria das Jesuskind wickelte.
Denn ist es nicht so: Wenn in uns Menschen "oben" was reingeht, muss es weiter "unten" auch irgendwann mal wieder heraus!?

Sie sehen: Gott ist bis ins kleinste Detail Mensch geworden. Er musste also auch essen und schlafen, er musste eine Sprache und das Laufen erlernen, er musste heranwachsen und in seiner Kindheit auch erzogen werden. Dazu kommt noch all das Andere, was zu unserem Menschsein gehört: arbeiten, spielen, faulenzen, Sozialverhalten einüben, Konflikte austragen und anderen vergeben, sich ärgern und sich ausgelassen freuen, Freunde gewinnen, einen Beruf erlernen, usw..

Ist das schlimm? Was meinen Sie? Ich finde: Nein. Denn Gott hat es ja gefallen, uns Menschen so zu schaffen. Wie sollte ihm an uns also etwas fremd oder peinlich sein? Und deshalb ist die Weihnachtsgeschichte - oder besser gesagt: das Weihnachtswunder! - gar nicht hoch genug einzuschätzen: Gott, der Schöpfer, wird in dieser Nacht einem seiner Geschöpfe gleich. Können Sie sich das vorstellen? Schwierig, nicht wahr? Aber offensichtlich notwendig, um eine Not zu wenden. Denn Gott kommt ja nicht aus einer Laune heraus zu uns, er will nicht einfach mal ausprobieren, wie das so ist, Mensch zu sein, nein, er kommt, weil er etwas bewegen und weil er uns zu etwas bewegen will. Er will nämlich dass wir alle bei ihm sein können und dass wir dies auch wollen. Dazu ist er ganz heruntergekommen und einer von uns geworden. Das feiern wir heute. Feiern Sie mit?

Liebe Grüße nochmals und Ihnen und Ihrer Familie ein dennoch fröhliches und gesegnetes Weihnachtsfest

Armin Boger