Ostern 2023



Vom Lob des Zweifels - der "ungläubige" Thomas

Ich bin froh, dass die Geschichte von Thomas in der Bibel steht. In den christlichen Ostererzählungen. Man nennt ihn meistens den "ungläubigen Thomas". Er gehört zu den zwölf Aposteln. Er heißt deshalb der "ungläubige" Thomas, weil er an die Auferstehung des gekreuzigten Jesus zunächst nicht glauben will. Diesem Thomas geht das, was ihm seine Freunde darüber erzählen, zu schnell. Das ist ihm zu glatt.

Thomas sagt, er könne daran nicht glauben. Zuerst müsse er den Finger in die Wunde legen - in die Wunde des nun angeblich Auferstandenen. Erst dann sei für ihn mit Händen greifbar, dass diese Erscheinung tatsächlich der auferstandene Jesus ist. Ich kann ihn gut verstehen, diesen Thomas. Unglaublich ist doch, was die anderen erzählen. Mit Menschenver- stand nicht fassbar. Mir ist Thomas nahe. Manchmal wünschte ich mir auch Beweise für Gottes Auferstehungskraft und Macht. Wenn ich an die Erdbebenopfer in Syrien und der Türkei denke oder die Menschen im Krieg...

Thomas ist ein Skeptiker, ein Mensch, der Fragen stellt. Und der sich traut, diese Fragen auch dann zu stellen, wenn die andern alle schon überzeugt sind. So viel Mut wünschte ich mir auch: Alle um mich herum sind sich einig und ich getraue mich trotzdem, meine Fragen zu stellen und meine Bedenken zu äußern... Jesus versteht den Wunsch von Thomas. Er akzeptiert dessen Zweifel. Jesus akzeptiert Thomas als einen Zweifelnden. Und kommt ihm entgegen. Jesus wandte sich Thomas zu. »Leg deinen Finger auf diese Stelle hier und sieh dir meine Hände an!«, forderte er ihn auf. »Reich deine Hand her und leg sie in meine Seite! Und sei nicht mehr ungläubig, sondern glaube! (Joh 20,27) Ich bin froh, dass vom Zweifel in der Bibel steht. Der Zweifel bewahrt vor Ideologien, vor Fundamentalismus und vor alles beherrschenden Meinungen. Es gibt Zweifel, die ich zur Zeit für besonders wichtig halte: Es sind die Zweifel daran, ob Aufrüstung bei uns wirklich der richtige Weg zum Frieden ist. Und die Zweifel daran, dass wir die Klimaziele schaffen. Ich wünsche mir, dass viele den Mut haben, Fragen zu stellen und wir ehrlich miteinander diskutieren und die besten Lösungen suchen. Und getragen von Gottes Auferstehungskraft an diesen Lösungen mitarbeiten.
Ihre Petra Schaut


Fürbittengebet
Gott des Lebens,
deiner Macht vertrauen wir uns an.
Wir vertrauen dir die Menschen an, die Gewalt leiden, die um ihr Leben fürchten, die ihre Heimat verlassen müssen.
Wir vertrauen dir die Menschen an, die voll Sorge in die Zukunft schauen und nicht wissen, wie es weitergehen soll.
Wir vertrauen dir die Menschen an, die in Krankenhäusern und Pflegeheimen Hilfe suchen und alle, die dort ihren Dienst tun.
Wir vertrauen dir unsere Toten an und alle, die um einen lieben Menschen trauern.
Wir vertrauen dir die Menschen an, die uns am Herzen liegen und die, mit denen wir uns schwer tun. Gott des Lebens, rette und hilf, tröste und heile. Erbarme dich aller. Amen.